Kolonisation meint asymptomatische Besiedlung. Viele Infektionserreger besiedeln den menschlichen Körper bevor (oder auch ohne dass) sie eine Infektion (Erkrankung) auslösen. Typische Orte der Besiedelung sind z.B. die Haut (Haaransatz, Leiste), die Nasenvorhöfe (MRSA), die Schleimhäute des Mund-Nasenraums oder die Schleimhaut des Darms (MRGN).
Als Screening bezeichnen wir die gezielte Untersuchung bestimmter Patientengruppen, bei denen aktuell keine Zeichen einer Infektionskrankheit durch den gesuchten Erreger vorliegen. Das Screening dient dem Nachweis (oder dem Ausschluss) einer asymptomatischen Besiedlung.
Ein Kolonisationsscreening wird durchgeführt, wenn Patienten Risikofaktoren für die Besiedlung mit einem bestimmten Erreger haben oder wenn bei der Aufnahme in die Klinik ausgeschlossen werden soll, dass die Patienten mit bestimmten Infektionserregern besiedelt sind. Dieses gezielte Kolonisationsscreening dient dem Patientenschutz, denn
Das Kolonisationsscreening bei Aufnahme in eine Kinderklinik erfolgt gezielt bei Kindern mit bestimmten Risikofaktoren. Ein generelles Aufnahmescreening bei allen Kindern, die in einer Kinderklinik behandelt werden müssen, ist nicht sinnvoll, weil nur ein sehr kleiner Anteil aller Kinder mit Erregern besiedelt sind, die in Rahmen des Screenings nachgewiesen werden. Zum Beispiel lag in einer Untersuchung der Universitätskinderklinik des Saarlandes* der Anteil Kinder, die bei Aufnahme mit MRSA besiedelt waren, nur bei 0,5%. Bei einem generellen Kolonisationsscreening aller Aufnahmen würde demnach die Untersuchung bei 99,5% aller Kinder umsonst durchgeführt. Die meisten mit MRSA besiedelten Kinder weisen bestimmte Risikofaktoren für eine MRSA Besiedlung auf. Die ärztliche Direktion der jeweiligen Kinderklinik legt daher in Zusammenarbeit mit dem Hygienefachpersonal (Krankenhaushygieniker) fest, bei welchen Kindern ein Kolonisationsscreening durchgeführt werden soll.
*Herrmann M, Petit C, Dawson A et al. Methicillin-resistant Staphylococcus aureus in Saarland, Germany: a statewide admission prevalence screening study. PLoS One 2013; 8: e73876
Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) sind grampositive Bakterien, die gegen das Antibiotikum Methicillin (bzw. Oxacillin) unempfindlich (resistent) sind. Staphylococcus aureus (S. aureus) ist ein Bakterium, das bei 20-40% aller Menschen vorübergehend im Nasenvorhof, auf den Händen und der Haut nachgewiesen werden kann. Normalerweise handelt es sich hierbei nicht um MRSA und lediglich um eine Besiedlung ohne Anzeichen einer Infektion. Unter bestimmten Voraussetzungen kann S. aureus Infektionen auslösen (z.B. Haut- und Weichteilinfektionen, Blutstrominfektionen, Infektionen der Knochen und Gelenke, Lungenentzündung). Dies kann z.B. vorkommen
Nur ein Teil der Patienten, die mit MRSA besiedelt sind, erleidet im Verlauf eine MRSA Infektion. Wie hoch das Risiko hierfür ist, hängt von patienteneigenen medizinischen Risikofaktoren ab.
Ein besonders gut für eine Behandlung von S. aureus Infektionen geeignetes Antibiotikum ist z.B. das Flucloxacillin, eine Weiterentwicklung des Penicillins mit ausgeprägter Wirksamkeit gegen Staphylokokken. Flucloxacillin ist mit Methicillin und Oxacillin vergleichbar. MRSA sind durch eine Veränderung der Penicillin-Bindungsproteine an der Zellwand nicht nur gegen Penicilline, sondern auch gegen zahlreiche andere Antibiotika mit einem ähnlichen Wirkmechanismus (sogenannte Betalaktame) resistent.
Wird ein Patient, der eine Infektion durch MRSA hat, mit Antibiotika behandelt, die gegen Methicillin-sensible S. aureus gerichtet sind, ist diese Therapie unwirksam. Eine solche, nicht angemessen wirksame Therapie kann die Patienten in Gefahr bringen, weil sich die Infektion trotz der Antibiotikatherapie ungehindert weiter ausbreiten kann. Andererseits gibt es auch im Kindesalter sehr gut wirksame Behandlungsmöglichkeiten für Infektionen, die durch MRSA verursacht werden (MRSA ist kein „Killerbakterium“). Die behandelnden Ärzte müssen durch eine gezielte mikrobiologische Diagnostik rechtzeitig herausfinden, dass es sich um einen Infektionserreger mit speziellen Resistenzen / Multiresistenzen handelt.
Bei Patienten, die eine Infektion durch MRSA erleiden oder mit diesem Erreger asymptomatisch besiedelt sind, kann eine Dekolonisationsbehandlung versucht werden. Bei ansonsten ganz gesunden Kindern ist dies nicht unbedingt erforderlich, weil ihr Risiko, an einer schweren MRSA Infektion zu erkranken, niedrig ist
Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hat eine eigene Empfehlung zum Umgang mit MRSA Nachweisen bei ansonsten gesunden Kindern ohne Infektzeichen herausgegeben.
S. aureus, die ein bestimmtes Leukozidin (Panton-Valentine-Leukozidin, PVL, codiert auf den beiden Genen LukS-PV und LukF) bilden, verursachen wiederkehrende umschriebene Entzündungen der oberflächlichen und der tiefen Hautschichten (schmerzhafte Abszesse, die mit Eiter gefüllt sind). Das PVL kann Abwehrzellen zerstören (Granulozyten, Makrophagen) und dadurch den Erreger vor dem Angriff dieser Abwehrzellen schützen. Charakteristisch ist, dass solche Erkrankungen bei engem Kontakt (z.B. innerhalb einer Familie) übertragen werden. S. aureus Isolate können, unabhängig davon, ob es sich um einen Methicillin-resistenten Stamm handelt oder nicht, „PVL-positiv“ sein.
Charakteristisch ist der Nachweis des PVL bei den sogenannten community acquired MRSA (caMRSA), die (im Unterschied zu den hospital acquired haMRSA) nicht im Zusammenhang mit einer Krankenhausbehandlung oder einem sonstigen wiederholten Kontakt zu Institutionen des Gesundheitssystems stehen.
Die meisten Bakterien, die bei Menschen Infektionen auslösen können, lassen sich im mikrobiologischen Labor mit Hilfe der Gramfärbung in grampositive und in gramnegative Bakterien unterteilen. Im Unterschied zu MRSA (grampositiv) werden multiresistente gramnegative Erreger" (MRGN) vor allem im Darm der Patienten gefunden. Viele der hier nachgewiesenen Bakterien gehören zu den Enterobakterien (z.B. Escherichia coli, Klebsiella spp., Enterobacter spp.), die natürlicherweise den Darm des Menschen besiedeln oder zu den sogenannten „Non-Fermentern“ (z.B. Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter spp.).
Gramnegative Bakterien können durch sehr unterschiedliche Mechanismen eine Resistenz gegen verschiedene Antibiotika(klassen) ausbilden. Zum Teil befindet sich die genetische Information, durch die eine solche Resistenz vermittelt wird, auf mobilen genetischen Elementen (z.B. Plasmiden), die unter den Bakterien ausgetauscht werden können. Oft kodiert die genetische Information solcher Plasmide gleichzeitig mehrere Resistenzmechanismen, die das Bakterium unempfindlich gegen zahlreiche Antibiotika machen. Manchmal handelt es sich auch um Resistenzgene, die auf dem Bakterienchromosom liegen und nur dann „angeschaltet“ (aktiviert) werden, wenn das Bakterium mit einem bestimmten Antibiotikum in Kontakt kommt (induzierbare Resistenz).
Aufgrund der Vielzahl möglicher Resistenzmechanismen hat die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch Institut, Berlin eine Einteilung in 2MRGN Neo Päd, 3 MRGN und 4 MRGN vorgeschlagen. Für diese Einteilung ist entscheidend, ob die Erreger in vitro (in der Empfindlichkeitstestung im mikrobiologischen Labor) eine Resistenz gegen 2, 3 oder 4 Antibiotikaklassen aufweisen. Die dafür maßgeblichen Antibiotikaklassen (Piperacillin, Cephalosporine mit breitem Wirkspektrum, Fluorchinolone und Carbapeneme) sind diejenigen, die bei Erwachsenen mit schweren Infektionen durch gramnegative Bakterien kalkuliert eingesetzt werden, bevor der Erreger einer solchen Infektion genau bekannt ist.
Die Kategorie 2 MRGN Neo Päd ist nur in der Kinder- und Jugendmedizin von Bedeutung.
Eine der vier maßgeblichen Antibiotikaklassen (siehe oben), die sogenannten Fluorchinolone, können bei Kindern nicht zur kalkulierten Therapie von Infektionen eingesetzt werden.
2 MRGN Neo Päd sind gramnegative Infektionserreger mit einer Resistenz gegen Piperacillin und Cephalosporine mit breitem Wirkspektrum. Solche 2 MRGN Neo Päd sind zum Beispiel die am häufigsten bei intensivmedizinisch behandelten Frühgeborenen nachgewiesenen MRGN. Sie können auf neonatologischen Intensivstationen Infektionsausbrüche auslösen (zwei oder mehr Patienten mit einer Infektion durch den gleichen Erreger in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang).
Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie hat sich in einer eigenen Stellungnahme zum Umgang mit im Krankenhaus behandelten Kindern und Jugendlichen geäußert, die mit MRGN besiedelt sind.
Enterokokken sind in der Gramfärbung grampositive Streptokokken, die unter anderem den menschlichen Darm besiedeln. Die beiden für Infektionen beim Menschen hauptsächlich verantwortlichen Spezies sind E. faecium und E. faecalis. Enterokokken gelten als „opportunistische Infektionserreger“, die nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. bei stark abwehrgeschwächten Patienten, bei Patienten mit Gefäß- oder Harnwegskatheter) eine Infektion auslösen.
Vor allem bei E. faecium hat in den letzten Jahren der Anteil von Bakterienstämmen zugenommen, die nicht nur gegen Ampicillin (1. Wahl in der Therapie), sondern auch gegen Vancomycin resistent sind. Vancomycin ist ein Reserveantibiotikum aus der Gruppe der Glykopeptid-Antibiotika, zu denen auch das Teicoplanin gehört. Diese resistenten Bakterienstämme bezeichnet man als Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Zwei Typen dieser Resistenz, die bei im Krankenhaus erworbenen (nosokomialen) Infektionen die wichtigste Rolle spielen, werden als Van A (Resistenz gegen Vancomycin und gegen Teicoplanin) und als Van B (Resistenz gegen Vancomycin, in vitro Empfindlichkeit gegen Teicoplanin) bezeichnet.
VRE können nicht nur im Darm, sondern auch auf der Haut und den Händen der Patienten (und des medizinischen Personals) und in der Umgebung des Patienten überleben. Daher werden sie ohne eine gute Basishygiene und ohne zusätzliche Maßnahmen der Übertragungskontrolle in Risikobereichen leicht von Patient-zu-Patient übertragen. Besonders hoch ist dieses Risiko, wenn die Patienten Durchfall haben, weil dann große Mengen der Erreger in die Umgebung (Windel, Bettpfanne, Toilette, Toilettensitz, Toilettenstuhl usw.) gelangen.
Da Enterokokken zu den normalerweise im Darm jedes Menschen vorkommenden Bakterien gehören (Mikrobiom) und VRE bei nahezu jeder antibiotischen Therapie einen Selektionsvorteil gegenüber den anderen Bakterien haben, die den Darm des Patienten besiedeln, ist es nicht möglich, durch gezielte antiseptische und/oder antibiotische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die VRE nicht mehr nachweisbar sind (Dekolonisation). Die meisten VRE-besiedelten Patienten bleiben über einen sehr langen Zeitraum VRE-positiv oder die VRE werden erneut nachgewiesen, sobald die Patienten mit Antibiotika behandelt werden müssen, die gegen VRE unwirksam sind.
Eine spezielle Empfehlung zum Umgang mit Patienten, die mit VRE besiedelt oder infiziert sind, befindet sich in der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch Institut in Berlin in Vorbereitung.
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Neugeborene, Säuglinge und Kleinkinder tragen - bis sie rechtzeitig auf die Toilette gehen können - Windeln (Inkontinenz). Das richtige Händewaschen kann im Kindergarten- / Vorschulalter erlernt werden (siehe Hygiene Tipps für Kids, die korrekte Durchführung einer Händedesinfektion wahrscheinlich erst im Schulalter. Kinder scheiden oft in Atemwegssekreten oder im Stuhl Krankheitserreger aus, obwohl die Symptome der entsprechenden Infektion längst überwunden sind. Manchmal verlaufen solche Infektionen auch so milde, dass sie nicht erkannt / wahrgenommen werden. Da Kinder nicht selbständig in der Lage sind, die Maßnahmen der Basishygiene zu verstehen und konsequent umzusetzen, zählen sie in diesem Zusammenhang zu den „nicht-kooperative Patienten“.
In der Kinderkrankenpflege sind die direkten Kontakte zwischen den Pflegenden und den Patienten deutlich enger, als vergleichbare Kontakte bei erwachsenen Patienten. Viele moderne Kinderkliniken haben zudem Spielzimmer für ihre Patienten, Elternküchen und Aufenthaltsräume für Eltern. Oft gibt es auch Unterbringungsmöglichkeiten für die Familie des Patienten außerhalb der Station (Elternzimmer, Elternwohnungen, Elternhäuser), in denen die Familien gemeinschaftlich bestimmte Einrichtungen (z.B. Bäder, Küche, Aufenthaltsraum) nutzen.
Ebenso entspricht es heute dem allgemein akzeptierten Standard, dass Kinder im Krankenhaus von einem Elternteil (einer engen Kontaktperson) begleitet werden. Ausnahmen von dieser Regel sind Intensivstationen.
Bei Kindern, die mit einem übertragbaren Erreger besiedelt (kolonisiert → siehe Kolonisationsscreening) oder infiziert sind, werden die entsprechenden erweiterten Hygienemaßnahmen auf das Kind und seine Begleitperson angewandt. Die Begleitpersonen müssen in wichtigen Aspekten der Basishygiene geschult und trainiert werden. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Kinder, die in einem Einzelzimmer isoliert werden müssen, genauso
wie Kinder, bei denen dies nicht der Fall ist.
Dies stellt an die baulich-funktionelle, strukturell organisatorische, apparative und an die personelle Ausstattung im Bereich der stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen besondere Anforderungen, v.a. im Sinne eines erhöhten Bedarfs an angemessen qualifiziertem Kinderkrankenpflege-Personal.
Hygienemaßnahmen im Umgang mit Patienten mit Mukoviszidose
Stellungnahme der DGPI: Umgang mit MRSA Nachweisen ansonsten bei gesunden Kindern ohne Infektzeichen
Stellungnahme der DGPI: Umgang mit MRGN Nachweisen bei hospitalisierten Kindern